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seliger-online 03.05.2023 - Abendschule

Veröffentlicht am 10.05.2023 in Allgemein

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Von der Wiege bis zur Bahre - kulturelle Arbeit in der sudetendeutschen Sozialdemokratie

 

Weil man die in Not und Elend lebenden Massen nicht auf eine ferne sozialistische Zukunft vertrösten wollte, entwickelte die Sozialdemokratie – in Deutschland, Österreich und auch in den böhmischen Ländern - ein dichtes Netz an Selbsthilfeeinrichtungen, das von Kranken-, Arbeitslosen- und Sterbekassen bis zu Konsum- und anderen Genossenschaften reichte. Von der Wiege bis zur Bahre suchte die sozialdemokratische Solidargemeinschaft mit ihren begrenzten Mitteln das leben der Arbeiterfamilien zu verbessern und sich von den „Bürgerlichen“ abzugrenzen.

Neben all dieser Selbsthilfeorganisationen verfügte die Sozialdemokratie auch über eine schier endlose Reihe an Vorfeldorganisationen wie Gesang- und Sportvereine (ATUS), Volksbühnen, die Kinder- und Naturfreunde, usw. Einerseits schaffte es die Sozialdemokratie dadurch der im Bildungssystem und dem Vereinswesen ausgegrenzten Arbeiterschaft eigene Strukturen zu bieten und andererseits eine eigenen Arbeiterkultur aufzubauen. Im Sport rangierten Formationsturnen und gemeinsames Radeln weit vor reiner Wettkampforientierung, und die Chöre pflegten ein reichhaltiges und stetig wachsendes Arbeiterliedgut.

In mancher Richtung gab es aber auch Konflikte innerhalb der Arbeiterschaft, wenn die Forderungen zu rigoros wurden. So fanden die Ideen der Arbeiter-Abstinenzler, die das Ziel verfolgten, den Alkoholismus innerhalb der Arbeiterschaft zu bekämpfen, nicht überall Zustimmung. Auch die Bestrebungen eine eigene Beerdigungskultur zu etablieren, war schwierig. Ein Begräbnis mit christlicher Feier auf kirchlichem Friedhof wurde abgelehnt, dafür sollte eine Feuerbestattung mit Beisetzung in extra auf städtischen Friedhöfen errichteten Urnenhainen eine Alternative bieten. Weitere Diskrepanzen gab es beim Besuch von bürgerlichen Tanzveranstaltungen und vor allem bei der Darstellung von Nacktheit. Im "Bund Freier Menschen" trafen sich in den zwanziger Jahren die Anhänger der Freikörperkultur – was nicht jedem Funktionär gefiel.

Beratungsstelle für proletarische Festkultur der DSAP

Eigenständige „proletarische“ Kulturtätigkeit entfaltete sich in der sozialdemokratischen Feier- und Festkultur, der dieselben Prämissen zugrunde lagen wie der sozialistischen Bildungsarbeit. Die Arbeiterfeste, die besonders die Gefühle ansprechen, den Zusammenhalt der Parteimitglieder stärken und die neuen Mitglieder emotional binden sollten, sollten „erhaben“ und „weihevoll“ sein. Von Anfang an galt die sozialdemokratische Festkultur dem erbitterten Kampf gegen „kleinbürgerliche Vereinsmeierei“ und der Forderung nach „völliger Umgestaltung“ der Arbeiterfeste, deren Organisatoren in der Praxis offensichtlich versuchten, auch die Bedürfnisse der Arbeiter nach Unterhaltung und Entspannung zu berücksichtigen.

Um das alles in geordnete Bahnen zu lenken, richtete die DSAP eine Beratungsstelle für proletarische Festkultur ein. Diese diente der Durchsetzung einer Tendenz, aus Festen Aufführungen zu machen oder Feste mit Mitteln des Theaters zu gestalten. Was dort zur Aufführung kam, waren Vorstellungen von Gemeinschaft. Ein neuer Festtyp, das Festspiel oder das Fest als Theater entstanden. Die einzelnen theatralen Elemente verdichteten sich in den massenchorischen Festspielen sozialdemokratischer zu bewussten Theateraufführungen, deren Konzeption vom professionellen Theater beeinflusst waren. Von einer solchen Aufführung wurde der ganze Charakter eines Festes bestimmt. Gerade in solchen Aufführungen wurde ein jeweiliges Gemeinschaftsbild nicht nur ausgedrückt; das Fest wurde zur erlebbaren Gegenwelt, in der das jeweilige Gemeinschaftsideal erfahren werden konnte. Beispiele hierfür sind die großen Arbeiter- und Turnfeste der DSAP.

Auch diesenBeitrag der ABENDSCHULE können Sie jederzeit als Podcast anhören!
 

Das Archiv der Beratungsstelle für proletarische Festkultur der DSAP ist vollständig in Amsterdam erhalten – hier schlummern wohl noch viele interessante Erkenntnisse.

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