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Sudetendeutsche Fallschirmspringer

Veröffentlicht am 06.05.2024 in Allgemein

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Das große Wagnis –

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so bezeichnete Albert Exler seine Erinnerungen an seine Fallschirmspringermission des Jahres 1944. Neben seinem Buch, das 1965 von der Seliger-Gemeinde herausgegeben wurde, gibt es kaum noch Zeugnisse von dieser Mission, in der sudetendeutsche Sozialdemokraten über dem Sudetenland absprangen, um so einen kleinen Beitrag im Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland zu leisten. Die Vorgeschichte der Mission reicht zurück bis in die 30er Jahre, als sich die sudetendeutschen Sozialdemokraten bewusst gegen die Nationalsozialisten stellten und so ihre Loyalität zur Tschechoslowakischen Republik bekundeten. Ihre Partei, die Deutsche Sozialdemokratische Arbeiterpartei, war 1929 in die Regierung eingetreten. Ihr Vorsitzender Ludwig Czech wurde Arbeitsminister und musste vor allem die Not der Weltwirtschaftskrise bekämpfen. Die Krise betraf vor allem das Sudetenland, was den Aufstieg der Sudetendeutschen Partei unter Konrad Henlein beförderte. Im Verlauf der 30er Jahre gerieten die sudetendeutschen Sozialdemokraten zusehends in die Defensive. Es erhöhte sich aber zugleich auch ihre Bereitschaft, gegen den Nationalsozialismus zu kämpfen. Von großer Bedeutung wurde in dieser Zeit die eigene Selbstverteidigungsorganisation Republikanische Wehr, die sich vor allem aus Mitgliedern des Arbeiter- Turn- und Sportverbands rekrutierte, in dem zugleich mehr und mehr Wehrsport betrieben wurde.

Mit dem Anschluss des Sudetenlands an das Dritte Reich im Zuge des Münchener Abkommens blieb den sudetendeutschen Sozialdemokraten nur die Flucht, zunächst ins Landesinnere und dann in weitere Emigrationsländer. Mehrere tausend Sozialdemokraten wurden aber von den Nationalsozialisten in Konzentrationslager verschleppt. In London gründete sich unter dem letzten Parteivorsitzenden Wenzel Jaksch mit der Treuegemeinschaft sudetendeutscher Sozialdemokraten eine eigene Exilorganisation, die Ableger in Schweden, Kanada und anderen Ländern hatte. Die Arbeit im britischen Exil war bestimmt durch das sich stetig verkomplizierende Verhältnis zur tschechoslowakischen Exilregierung unter Edvard Beneš. Als Jaksch begriff, dass es bei Kriegsende zu einer umfassenden Aussiedlung der Sudetendeutschen kommen würde, setzte sich bei ihm der Gedanke fest, alles zu unternehmen, um dies zu verhindern. Eine solche Unternehmung war auch die von Exler beschriebene Fallschirmmission. Er beschreibt die zum Scheitern verurteilten Versuche, mit führenden Persönlichkeiten im Sudetenland ins Gespräch zu kommen, um so eine Front gegen die Nationalsozialisten zu schmieden, um letztlich die Aussiedlung zu verhindern. Dass sich unter diesen Persönlichkeiten auch der nationalsozialistische Verbrecher Hans Krebs befand, zeugt von der Verzweiflung , die in der Treuegemeinschaft vorherrschte. Die Fallschirmmission schien aber auch ein weiteres Ziel zu verfolgen, das Exler nicht direkt anführt. Durch die Kontaktaufnahme zu den in der Heimat verbliebenen Sozialdemokraten wollte man herausfinden, ob die Parteistrukturen und gerade die Strukturen der Republikanischen Wehr in der Stunde des Kriegsendes zu aktivieren seien. So wollte man ein mögliches Chaos und vor allem Repressionsmaßnahmen gegen die Deutschen verhindern. Diese Aufgabe der Fallschirmspringer kann auch erklären, warum Jaksch für die Mission die Unterstützung der Briten erzielte. Diese hatten Interesse an Informationen aus dem Sudetenland und unterstützen zudem bereitwillig Widerstandshandlungen im deutschen Machtbereich. Aus diesem Grunde erhielten Exler und die anderen beiden Fallschirmspringer Pichl und Hofmann auch eine entsprechende Ausbildung. Diese Kenntnisse – so beschreibt es Exler – konnten aber das Scheitern der Mission nicht verhindern. Exler selbst überlebte nur mit viel Glück. Hofmann – das hat Tomáš Lindner unlängst in einem Beitrag in Respekt herausgearbeitet – wurde nach einem Hochverratsprozess in Deutschland hingerichtet.

Albert Exler wurde so zum letzten Zeugen dieser gescheiterten Fallschirmmission, die ein wichtiger Mosaikstein in der tragischen Geschichte all derjenigen Sudetendeutschen ist, die sich bewusst gegen den Nationalsozialismus stellten. Umso wichtiger ist es, dass 80 Jahre nach der Mission, dem großen Wagnis, Exlers Erinnerungen nun erstmalig auf Tschechisch veröffentlicht werden.

Thomas Oellermann

Zum Original-Text DAS GROSSE WAGNIS

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