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seliger-online 07.12.2022

Veröffentlicht am 09.12.2022 in Allgemein

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Frohes neues Wahljahr!

Tschechien nach den Wahlen und vor den Wahlen

Christa Naaß im Gespräch mit Peter Barton, Leiter des Sudetendeutschen Büros in Prag

Es ist kein einfacher Winter. Der Krieg in der Ukraine ist ein Zivilisationsbruch. Seine Folgen sind Teuerung und Energieknappheit. Dies bringt Unsicherheit und Ängste mit sich, die die Gesellschaften in Europa vor große Herausforderungen stellen. Wie sind die politischen Reaktionen in der Tschechischen Republik? Wie sehr beeinflussen diese großen Krisen den kommenden Wahlkampf für die im Januar anstehenden Präsidentschaftswahlen? Welche politischen Perspektiven haben sich ergeben nach den unlängst stattgefundenen Kommunalwahlen? Diesem Themenblock widmete sich die 5. „seliger-online“-Veranstaltung am 07. Dezember 2022. Als Gesprächspartner konnte Peter Barton, der Leiter des Sudetendeutschen Büros in Prag gewonnen werden. Die Moderation übernahm in bewährter Weise unsere neue Bundesvorsitzende Christa Naaß, Stellvertreterin des Bezirkstagspräsidenten beim Bezirk Mittelfranken. In der anschließenden Abendschule zu den Grundlagen der Geschichte der sudetendeutschen Sozialdemokratie referierte Dr. Thomas Oellermann zum Thema „Sommer, Sonne, Faschismus. Italien und die sudetendeutsche Sozialdemokratie”.

Bundesvorsitzende Christa Naaß konnte zur 5. seliger-online-Veranstaltung wieder viele Gäste zwischen Osnabrück und Prag sowie Bremen und Regensburg begrüßen, darunter die Präsidiumsmitglieder Helmut Eikam und Albrecht Schläger, den österreichischen Seliger-Gemeinde-Vorsitzenden Volkmar Harwanegg und MdL a.D. Reinhold Strobl. Anschließend stellte sich unser Gast, Peter Barton mit dem Sudetendeutschen Büro in Prag vor.

Kommunal- und Senatswahlen Ende September 2022

Zum ersten thematischen Themenbereich, zu den Ergebnissen der Kommunal- und Senatswahlen Ende September 2022, erklärte Peter Barton, dass Beobachter und Medien eigentlich erwartet hatten, dass die Regierungskoalition abgestraft und viele Stimmen verlieren würde und im Gegenzug die Partei von Andrej Babiš (ANO) deutlich als Sieger hervorgehen würde – beides sei aber nicht eingetreten. Die bunte 5er-Koalition, deren einzige Gemeinsamkeit die Verhinderung von Babiš (ANO) sei, habe zwar leicht verloren, aber ANO hätte nicht zulegen können. Allein die rechtsextreme “SPD“ des Unternehmers Tomio Okamura sei stärker geworden, auch mit der Unterstützung der deutschen AfD. Die unbestrittenen Sieger der Kommunalwahlen seien aber die parteilosen Kandidaten der unterschiedlichsten regionalen und örtlichen Wählergruppen gewesen, so Barton. Tragisch sei weiter das Abschneiden der ČSSD, der tschechischen Sozialdemokraten als älteste tschechische Partei, die sich trotz des neuen Vorsitzenden Michal Šmarda, vom Ausscheiden aus dem Parlament noch nicht erholt hätten. Allein in kleineren Orten hätte es für sie zu Koalitionen gereicht. Traditionell seien die Christsozialen in den ländlichen Gebieten noch stark gebleiben – im Gegensatz zu den weniger traditionell verankerten Gebieten wie Aussig/ Ústí nad Labem und Tetschen-Bodenbach/Děčín.

Bei den Senatswahlen hätte es, so Barton, wenig Verschiebungen gegeben und man könne sehen, dass die Prognosen und Vorhersagen der tschechischen Medien und Meinungsumfrageinstitute noch unzuverlässiger seien, als in Deutschland. Das liege u.a., so Barton, an der unsicheren Wahlbeteiligung und der Unschlüssigkeit der Wähler bis kurz vor der Wahl.

Präsidentschaftswahl Mitte Januar 2023

Wie Peter Barton berichtete, sei die Präsidentschaftswahl in Tschechien nicht mit der Bundespräsidentenwahl in Deutschland zu vergleichen. Erstens würde hier der Präsident seit 2013 direkt vom Volk gewählt und der hätte zudem sehr weitreichenden politischen Einfluss. Umso begehrter sei das Amt, was sich auch in den 21 Kandidaten, die sich anfangs ins Spiel brachten, niederschlage. Übrig geblieben seien bis heute neun, es wird aber erwartet, dass sich zehn Kandidaten zur Wahl stellen. Hiervon seien aber nur drei als mögliche Gewinner, die Miloš Zeman, dessen zweite fünfjährige Amtsperiode im März 2023 endet, ersetzen könnten, im Gespräch:

  • Andrej Babiš, umstrittener tschechischer Unternehmer und Politiker slowakischer Herkunft. Von 2017 bis 2021 war er Ministerpräsident Tschechiens und ihm wird vorgeworfen, persönlich zu Unrecht von europäischen Agrarsubventionen profitiert haben. Dies scheint aber seine Anhänger von rechts und links außen wenig zu interessieren. Babiš setzt auf „seine“ Senioren, die mehr als ein Drittel der Wähler ausmachen – ihm werden die größten Gewinnchancen eingeräumt.
  • Petr Pavel, ehemalige Armeegeneral der "Ordnung und Ruhe" nach Tschechien zurückbringen wolle. Pavel spezialisierte sich auf militärische Aufklärung und Nachrichtendienst und trat der kommunistischen Partei bei. Dies bezeichnete er später als Fehler. Von 2012 bis 2015 war er Generalstabschef, von 2015 bis 2018 Chef des Nato-Militärausschusses. Pavel erklärt, er wolle die Demokratie stärken.
  • Danuše Nerudová, Wirtschaftswissenschaftlerin und ehemalige Rektorin der Mendel-Universität Brünn. Sie richtet ihre Kampagne trotz geringer Aussagekraft auf die beliebtesten sozialen Netzwerke aus und setzt dabei stark auf visuelle Präsentation. Ihre Zielgruppe sind Erstwähler, Studenten und junge Menschen unter 30 Jahren.

Weitere gute, aber wohl aussichtslose Kandidaten seien Senator Pavel Fischer (parteilos) und der Gewerkschaftsführer Josef Středula, so Peter Barton. Spannend sei nun, wer im ersten Wahlgang am 13. und 14. Januar 2023 in die Stichwahl Ende Januar kommt und wie sich die „Verlierer“ dann zu den einzelnen Kandidaten positionieren. Ein großes Manko sei die fehlende Briefwahlmöglichkeit in Tschechien. So müssten im Winter trotz allem die Wähler persönlich ihre Stimme Abgeben – auch im Ausland in der nächsten tschechischen Botschaft, was nicht immer einfach sei, so Barton.

In der anschließenden Diskussion ging es auch um die Energiepolitik, hier vor allem um die grenznah geplanten Atomkraftwerke und die Inflation in Tschechien.

In der anschließenden "Abendschule" zu den Grundlagen der Geschichte der sudetendeutschen Sozialdemokratie referierte Dr. Thomas Oellermann zum Thema „Sommer, Sonne, Faschismus. Italien und die sudetendeutsche Sozialdemokratie”.

Auch diese Folge von seliger-online ist als Video-Mitschnitt auf dem YOUTUBE-Kanal der Seliger-Gemeinde zu sehen und die "Abendschule" können wir als Podcast präsentieren.

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