Die Seliger-Gemeinde gedachte während des Frühjahrsseminars bei ihrer Exkursion nach Asch/Aš der Gründung des ersten böhmischen Arbeitervereins 1863 und der Verteidigung des Volkshauses 1938
Aš/Asch: 160 Jahre Sozialdemokratie in den Böhmischen Ländern
160 Jahre Sozialdemokratie bedeuten 160 Jahre miteinander für unsere Werte von Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit einzustehen. Wir sind füreinander da. Damals. Heute. Morgen.
Die Geistesfunken Lassalles hatten früher als in Wien oder München die Herzen der deutschböhmischen Arbeiter entflammt. In Asch wurde im gleichen Jahr der Gründung des „Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (1863) eine Zweigstelle gebildet. Es war die erste sozialistische Lokalorganisation in Böhmen und Österreich. Ihr Vorsitzender hieß Johann Simon Martin und er schrieb für die Arbeiter in Asch einen Brief an Ferdinand Lassalles in dem es hieß: „Möchten doch alle Menschen so von der Aufrichtigkeit des Demokratismi wie wir beiden Unterzeichneten überzeugt sein!“
Und überzeugte Demokraten waren sie, die Textilarbeiter in Asch/Aš, im nordwestlichsten Zipfel Böhmens. Schon im Gründungsjahr 1863 schlossen sie sich dem Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) an, als erste sozialdemokratische Organisation im Kaiserreich Österreich. Sie wurden damit Teil der ersten Massenpartei der deutschen Arbeiterbewegung. Denn aus den ersten sozialistischen Arbeitervereinen bildete sich im Jahre 1874 die österreichische sozialdemokratische Partei und in ihrem Rahmen entstand im Jahre 1878 die tschechoslowakische Sozialdemokratie. Unter Führung der Sozialdemokraten befreite sich der politisch reifste Teil der Arbeiter von dem direkten politischen Einfluss des Bürgertums und begann seinen selbständigen politischen Kampf für soziale, politische und nationale Befreiung. Trotz aller Widrigkeiten wurde die Sozialdemokratie zum Erfolgsmodell.
Nach Ende des Ersten Weltkriegs mit Bildung der Tschechoslowakei spaltete sich die böhmische Sozialdemokratie als Deutsche Sozialdemokratische Arbeiterpartei (DSAP) notgedrungen von der österreichischen Mutterpartei ab und versuchte unter ihren Vorsitzenden Josef Seliger, Ludwig Czech und Wenzel Jaksch die Lebensbedingungen der Böhmischen Arbeiterinnen und Arbeiter in der Tschoslowakischen Republik zu verbessern.
Das Aus der böhmischen Sozialdemokratie kam mit dem Jahr 1938, als sich in Folge der Weltwirtschaftskrise und dem Aufbrandenden Nationalismus mit dem Anschluss des Sudetenlandes an das Deutsche Reich die DSAP auflösen musste – doch sie behauptete sich bis zum letzten Tag gegen die Angriffe der nationalsozialistischen Freikorps, die bereits vor dem Münchner Abkommen die Randgebiete Böhmens angriffen. So verteidigten die sudetendeutschen Sozialdemokraten ihre Volkshäuser in Asch und in Eger gegen die Nazis.
Ulrich Miksch las abschließend aus dem Buch „Tomslake“ von Andreas Armstetter die bewegenden Zeilen zur Verteidigung des Ascher Volkshauses.